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BreakTag enthüllt, wie Genom-Editierungswerkzeuge funktionieren, und öffnet damit die Tür zu sichereren und präziseren Gentherapien

Das Roukos-Labor hat ein neues Protokoll entwickelt, das beispiellose Einblicke in die Funktionsweise von Genom-Editierungsenzymen gewährt.

Das Labor von Vassilis Roukos am Centre for Healthy Ageing (CHA) und Institut für Molekulare Biologie (IMB) in Mainz hat eine neue Methode namens BreakTag entwickelt, die einen großen Fortschritt bei der Verbesserung der Genauigkeit und Sicherheit der Genom-Editierung darstellt. Diese Methode, die sie in der Fachzeitschrift „Nature Protocols“ ausführlich beschreiben, ermöglicht es Wissenschaftler:innen, genau zu sehen, wo Genom-Editierungswerkzeuge die DNA schneiden – und vor allem, wie sie sie schneiden. Dieser beispiellose Detailsgrad liefert wichtige Informationen, die Forscher:innen helfen, bessere Werkzeuge zur Behandlung genetischer Krankheiten zu entwickeln.

Genkrankheiten werden durch Mutationen in der DNA verursacht – Fehler wie ein fehlender oder zusätzlicher Buchstabe im genetischen Code. Genom-Editierungstechnologien wie CRISPR–Cas9 können diese Fehler beheben, indem sie gezielte Schnitte an der Stelle der Mutation vornehmen, die die Zelle dann unvollständig repariert, wodurch kleine Veränderungen entstehen, die das mutierte Gen korrigieren können. Um CRISPR–Cas9 bei Patient:innen einsetzen zu können, müssen Wissenschaftler:innen jedoch genau wissen, wo und wie das Enzym die DNA schneidet, um sicherzustellen, dass es nicht an den falschen Stellen schneidet. Diese Informationen sind für die Entwicklung wirksamer Therapien für genetische Erkrankungen unerlässlich. Sie sind auch besonders wichtig für die Sicherheit und zur Vermeidung unbeabsichtigter Nebenwirkungen.

Bislang gab es jedoch keine Methode, die ein vollständiges, unverfälschtes Bild davon liefern konnte, wo und wie CRISPR–Cas9 im gesamten Genom schneidet.

Eine vielseitige Ansicht der Genom-Editierung

BreakTag ermöglicht es Wissenschaftler:innen erstmals zu verstehen, wie Genom-editierende Nukleasen wie CRISPR-Cas9 die DNA im gesamten Genom schneiden. Es 1) identifiziert jede Stelle in der DNA, an der CRISPR-Cas9 schneidet, 2) misst, wie oft es an jeder Stelle schneidet, und 3) bestimmt, ob die resultierenden DNA-Enden stumpf oder versetzt sind. Dies ist wichtig, da versetzte DNA-Enden mit besser vorhersagbaren Ergebnissen repariert werden, während stumpfe Enden zu zufälligeren Ergebnissen führen können. Die Möglichkeit, zu steuern, ob die Schnitte stumpfe oder versetzte Enden haben, ermöglicht es Forscher:innen daher, das Ergebnis der Genom-Editierung besser zu kontrollieren und sicherere, zuverlässigere Therapien zu entwickeln.

„Da sich das Gebiet in Richtung der Entwicklung von CRISPR-Enzymen für klinische Anwendungen entwickelt, glauben wir, dass ein erheblicher Bedarf an Werkzeugen besteht, mit denen diese Enzyme in einem einzigen Assay umfassend charakterisiert werden können“, sagt Gabriel Longo, Erstautor der Veröffentlichung.

Die neue Methode funktioniert, indem alle DNA-Stücke, die nach dem Schneiden der DNA durch ein Genom-Editierungswerkzeug entstehen, gesammelt und sequenziert werden. Auf diese Weise erhalten Forscher:innen eine detaillierte, genomweite Karte der Stellen, an denen geschnitten wurde. Das Team um Vassilis entwickelte außerdem eine benutzerfreundliche Software namens BreakInspectoR zur Analyse der Daten, sowie ein machine-learning Modell namens XGScission, mit dem Wissenschaftler:innen vorhersagen können, wo ein Genom-Editierungswerkzeug die DNA schneiden wird und welche Art von Bruch dabei entsteht. Die Methode ist praktisch und schnell und eignet sich daher für die gleichzeitige Prüfung vieler verschiedener Genom-Editierungswerkzeuge oder -strategien.

Ein großer Fortschritt in Richtung sicherer, besser vorhersagbarer Gentherapien

BreakTag liefert Wissenschaftler:innen die Informationen, die sie benötigen, um die besten Genom-Editierungswerkzeuge für jede Aufgabe auszuwählen und zu entwerfen, und hilft ihnen so, unerwünschte Veränderungen zu vermeiden und den Reparaturprozess zu einem gewünschten, vorhersagbaren Ergebnis zu lenken. Dies ist besonders wichtig, wenn es um die Entwicklung personalisierter Behandlungen zur Korrektur der spezifischen Mutation eines einzelnen Patienten oder einer Patientin geht.

„BreakTag gibt uns einen unvoreingenommenen Einblick in das Verhalten von Genom-Editierungsenzymen im gesamten Genom“, sagt Vassilis. „Dies ist unerlässlich für die Entwicklung von Gen-Editierungsstrategien, die nicht nur wirksam, sondern auch sicher genug für den Einsatz bei Menschen sind.“

Die Forscher erwarten, dass BreakTag zu einer wichtigen Ressource für die Entwicklung der nächsten Generation von Genom-Editierungstechnologien wird – und dazu beiträgt, das Versprechen einer präzisen, personalisierten Gentherapie in eine nahe Zukunft rückt.


Weitere Details

Weitere Informationen finden Sie unter https://doi.org/10.1038/s41596-025-01271-4 

Vassilis Roukos ist Gruppenleiter am Centre for Healthy Ageing (CHA) und Institut für Molekulare Biologie (IMB) und Assistenzprofessor an der Universität Patras, Griechenland. Die in dieser Veröffentlichung vorgestellten Forschungsarbeiten wurden am IMB durchgeführt. Weitere Informationen über die Forschung im Roukos-Labor finden Sie unter www.imb.de/roukos und https://roukoslab.com.

Über das Institut für Molekulare Biologie gGmbH

Das Institut für Molekulare Biologie gGmbH (IMB) ist ein Exzellenzzentrum der Lebenswissenschaften, das 2011 auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) eröffnet wurde. Die Forschung am IMB konzentriert sich auf folgende aktuelle Gebiete: Epigenetik, Genomstabilität, Alternsforschung und RNA Biologie. Das Institut ist ein Paradebeispiel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen einer privaten Stiftung und öffentlichen Einrichtungen: Die Boehringer Ingelheim Stiftung (BIS) hat sich verpflichtet, die Grundfinanzierung des IMB von 2009 bis 2027 mit insgesamt 154 Millionen Euro zu fördern. Das moderne Forschungsgebäude wurde mit 50 Millionen Euro durch das Land Rheinland-Pfalz finanziert. Von Herbst 2020 bis Mitte 2027 stellt das Land 52 Millionen Euro zur Grundfinanzierung des IMB bereit. Weitere Informationen zu IMB finden Sie unter www.imb.de.

Über das Centre for Healthy Ageing

Das „Centre for Healthy Ageing“ (CHA) ist ein virtuelles Forschungszentrum, das 2021 ins Leben gerufen wurde und Wissenschaftler:innen aus ganz Mainz zusammenbringt, die sich in der Grundlagen- und klinischen Forschung mit dem Altern und altersbedingten Krankheiten beschäftigen. Diese Erkenntnisse sollen genutzt werden, um gesundes Altern zu fördern und Behandlungen zu finden, die altersbedingte Krankheiten verhindern oder heilen könnten. Für weitere Informationen besuchen Sie bitte: www.cha-mainz.de.

Boehringer Ingelheim Stiftung

Die Boehringer Ingelheim Stiftung ist eine rechtlich selbstständige, gemeinnützige Stiftung und fördert die medizinische, biologische, chemische und pharmazeutische Wissenschaft. Errichtet wurde sie 1977 von Hubertus Liebrecht, einem Mitglied der Gesellschafterfamilie des Unternehmens Boehringer Ingelheim. Durch ihre Förderprogramme Exploration Grants, Plus 3 und Rise up! unterstützt sie exzellente Forschende in entscheidenden Karrierephasen. Zudem verleiht sie den renommierten Heinrich-Wieland-Preis sowie Preise für aufstrebende wissenschaftliche Talente. Außerdem fördert sie institutionelle Projekte zum Thema KI und Biomedizin, wie das AITHYRA-Institut in Wien und einen neuen Forschungsbereich am Zentrum für Systembiologie in Dresden (BioAI Dresden). Weitere Institute, die die Stiftung fördert, sind das Institut für Molekulare Biologie (IMB) in Mainz und das European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg. 

Pressekontakt für weitere Informationen

Dr. Ralf Dahm, Direktor des wissenschaftlichen Managements

Institut für Molekulare Biologie gGmbH (IMB), Ackermannweg 4, 55128 Mainz, Deutschland

Telefon: +49 (0) 6131 39 21455, E-Mail: press@imb.de