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Sind einfach ungesättigte Fettsäuren ein Schlüssel zur Langlebigkeit?

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen an einem sonnigen Nachmittag in einem kleinen Café am Mittelmeer. Vor Ihnen steht ein Teller mit frischem Salat, reich an buntem Gemüse. Verfeinert wird der Salat mit einem Schuss goldenem Olivenöl. Diese Szene erfreut nicht nur das Auge und den Gaumen – sie kann auch ein Geheimnis für ein längeres und gesünderes Leben bergen.

Die mediterrane Diät ist reich an einfach ungesättigten Fettsäuren (engl. monounsaturated fatty acids oder kurz MUFAs). MUFAs gehören zu den Lipiden, einer Gruppe von meist wasserunlöslichen Zellbausteinen. Sie dienen als Energiespeicher und sind wichtiger Bestandteil der Membranen, die unsere Zellen umgeben. Zusätzlich sind sie Signalmoleküle. Als solche unterstützen sie die Kommunikation innerhalb der Zelle.1

MUFAs können sich in Zellen innerhalb von Lipidtröpfchen ansammeln. Diese wurden fälschlicherweise als passive Lipidspeicher betrachtet. Heute weiß man, dass sie eigene Zellorganellen mit einer Rolle im Lipidstoffwechsel sind.2 Bei uns Menschen ist der Einfluss von Lipidtröpfchen oder die Anreicherung von MUFAs auf die Lebensspanne weniger klar. Studien, die den Zusammenhänge zwischen Ernährung und anderen Gewohnheiten, Gesundheit und Lebensspanne untersuchen – sogenannte Korrelationsstudien – zeigen z.B., dass Menschen, die häufig Olivenöl zu sich nehmen, auch oft gesünder sind oder etwas länger leben.3-6 Ob jedoch eine mediterrane Ernährung für eine längere Lebensspanne verantwortlich ist oder andere Faktoren im Leben der Proband:innen dazu beitragen, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Es bleibt zudem offen, ob die mediterrane Ernährung zu einer längeren Lebensdauer führt oder ob Menschen, die länger Leben, einfach gerne mediterranes Essen genießen.

Dr. Katharina Papsdorf, Gruppenleiterin am Centre for Healthy Ageing (CHA) und am Institut für Molekulare Biologie (IMB) in Mainz, erforscht die Rolle von MUFAs während des Alterns. Wenn sie den Fadenwurm C. elegans mit MUFAs fütterte, lebten diese Tierchen länger als ihre Artgenossen, die keine MUFAs bekommen hatten. Je mehr Lipidtröpfchen Würmer in ihrem Darmgewebe gebildet hatten, desto länger lebten sie.7

„Es war spannend zu entdecken, dass Lipidspeicher in der Zelle benötigt werden, damit der Wurm lange lebt“, erklärt Dr. Papsdorf. Mehr noch – die Anzahl der Lipidtröpfchen könne sogar die Lebensdauer des Wurms vorhersagen. Dr. Papsdorf untersucht nun die molekularen Mechanismen hinter diesem Phänomen.

Kann Alternsforschung in Würmer wirklich relevant für den Menschen sein? Mit nur einem Millimeter Größe ist C. elegans dem Menschen auf den ersten Blick überhaupt nicht ähnlich. Trotzdem teilen wir viele grundlegende krankheits- und alternsrelevante Gene mit dem Wurm. Daher ist er mittlerweile ein beliebter Modellorganismus in der Alternsforschung. Ein großer Vorteil ist auch seine kurze Lebensdauer von etwa 20 Tagen. Die Auswirkungen von Diäten oder anderen Behandlungen auf die Lebensspanne können so innerhalb von kurzer Zeit im Labor untersucht werden.4 „Wir können gezielt die Wirkung einzelner Komponenten in der Ernährung und deren direkten Einfluss auf die Lebensspanne untersuchen. In Menschen, die sehr viel länger leben, ist das extrem schwierig“, erklärt Dr. Papsdorf.

Durch Studien zu den Zusammenhängen zwischen Ernährung, MUFAs und Lebensdauer von Dr. Katharina Papsdorf verstehen wir nun besser, wie gesunde Fette zur Langlebigkeit beitragen könnten – eine vielversprechende Perspektive für die Zukunft. Vielleicht steckt also in jedem Tropfen Olivenöl auf Ihrem Salat ein kleines Geheimnis für ein längeres, gesünderes Leben.


Interview geführt von Janine Brück, Doktorandin am Institut für Moleculare Biologie (IMB)

  1. Bohnet M, Ullmann F, eds. Ullmann's encyclopedia of industrial chemistry. 6., completely revised ed. Weinheim: Wiley-VCH; 2003.

  2. Martin S, Parton RG. Lipid droplets: a unified view of a dynamic organelle. Nat Rev Mol Cell Biol. 2006;7(5):373-378. doi:10.1038/nrm1912

  3. Zhang S, Li F, Zhou T, Wang G, Li Z. Caenorhabditis elegans as a Useful Model for Studying Aging Mutations. Front Endocrinol (Lausanne). 2020;11:554994. doi:10.3389/fendo.2020.554994

  4. Cao X, Xia J, Zhou Y, et al. The Effect of MUFA-Rich Food on Lipid Profile: A Meta-Analysis of Randomized and Controlled-Feeding Trials. Foods. 2022;11(13). doi:10.3390/foods11131982

  5. Bozzetto L, Prinster A, Annuzzi G, et al. Liver fat is reduced by an isoenergetic MUFA diet in a controlled randomized study in type 2 diabetic patients. Diabetes Care. 2012;35(7):1429-1435. doi:10.2337/dc12-0033

  6. Roche HM, Zampelas A, Knapper JM, et al. Effect of long-term olive oil dietary intervention on postprandial triacylglycerol and factor VII metabolism. The American journal of clinical nutrition. 1998;68(3):552-560. doi:10.1093/AJCN/68.3.552

  7. Papsdorf K, Miklas JW, Hosseini A, et al. Lipid droplets and peroxisomes are co-regulated to drive lifespan extension in response to mono-unsaturated fatty acids. Nat Cell Biol. 2023;25(5):672-684. doi:10.1038/s41556-023-01136-6